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Kaisersucht

Tuesday, June 16th, 2015

Impotentia recipiendi Deum I
write these big words,
adopting them in my squeezing way
in mind Keith Waldrop:
As the wave reaches the church, it
Separates right and left and the edifice is
Embraced. Confabulation fills the gap.

 Sampurna Chattarji: Tintinnabulation

Wednesday, May 20th, 2015

The image rings a bell in the inner ear of purloined wolf.
Watch the rabbit run.
The awful finagling tweedle inside sardine dins.
The twang of twine.
It is intentional.
Throttle openers tot up the score.

Sampurna Chattarji

Sampurna Chattarji: Torpitude

Tuesday, May 5th, 2015

Insufficient beast in a building for human hesitation
Tearaway cloud in a skyscape of unending doom
Room for the slightest chagrin now taken
Send for the sequence of events
Reverse
Revere
Rev
Eve
Severe
Averse
The shape of the torpedo skull
Inside which featherstorms are brewing
Columns of water fall from a tear away cloud
Shroud the sickness eating up in sufficient beast

Sampurna Chattarji

 

Headfarm

Monday, February 23rd, 2015

F: << Was Wässriges: Blauschimmerndes gemacht >> (Mayröcker, Brütt, S. 58).

(more…)

Headfarm

Tuesday, January 27th, 2015

A: Was gegen die Gewalt unternehmen: die Gewalt, mit der Billionen Euro in die Märkte geflutet werden.
B: Gegen die Gewalt dieser Macht etwas unternehmen oder tun.
C: „Die Ikone, das Unvorstellbare, Nicht-Darstellbare, das sich jeder Wesensbestimmung entzieht, das sich jeder Istfrage* verweigert, wird es nicht doch in dem Akt des Darstellens, seines Sich-Präsentierens begreiflich?“ **
D: Anders mit der Gewalt umgehen, anders schreiben, vielleicht  langsamer oder lauter in die Tasten des Computers hauen, statt hauen oder schlagen: den Computer durch einen Bleistift oder Füller ersetzen.
E: Den Füller mit Goldfeder auf ricardo.ch anbieten, den Erlös an Handicap International überweisen.
F: Oder an Kiva.org: einer Gruppe von LandwirtInnen einen Mikrokredit gewähren oder einer Studentin in Syrien.
G: Eine Brücke, irgendein Standpunkt ist nötig, um die Zumutungen in den Nachrichten zu überblicken, um festzustellen, was uns in den Nachrichten zugemutet wird, um zu erfahren, was Menschen und ihren Märkten angetan wird.
H: Überblicken, bewerten, urteilen?
I: Eine Kritik der Urteilskraft? Sich selbst analysieren, statt konkret etwas zu tun?
J: Was wäre denn konkret zu tun? Was können Intellektuelle, KünstlerInnen und Schreibende tun, unternehmen?
K: Was ist denn eine richtige Schriftstellerin, Intellektuelle, KünstlerIn. Wie beschäftigt … sich mit den Nachrichten?
L: Kristalle formen, beobachten, wie Wasser in einer Regentonne gefriert.
M: Während in den Flüchtlingscamps Kinder erfrieren.
N: Hilft da Aristoteles oder Badiou etwas?
O: Aristoteles soll gesagt haben, man kann mich auch schlagen, wenn ich nicht dabei bin.
P: Wir werden von Nachrichten erschlagen, Geschehnissen, an denen wir nur mittelbar, manchmal sehr indirekt beteiligt sind. Soviel Katastrophen, dass man nicht weiss, was man denken, wie sich orientieren soll. Auf jeden Fall Waffenhersteller boykottieren.
Q: Bei der Frage, was mittelbar und was unmittelbar ist, ansetzen.
R: Unzerstörbar soll das Universum sein, unsere Seele ist ein Spiegel des unzerstörbaren Universums.
S: Dazu wird ein diskursiver Strang „Reine Mittel“ entwickelt, in dem die zeitlichen Differenzen benannt und verhandelt werden. Dieser Strang stellt zentrale Begriffe und Argumentationen aus den philosophischen Diskursen vor, kontextualisiert sie geschichtlich als archivarisches Problem (A-Z), problematisiert die medialen Bedingungen (A-Z) und vergleicht sie (A-Z), untersucht den Grenzverlauf (sinnlich-begrifflich, Sinn-denkend, Sinn-erzeugend-malend-collagierend-scannend) (A-Z) und fluchtet sie auf das Problem der Orientierung im digitalen Netz (A-Z).
T: Was für ein Denken suchen wir denn? Eines mit Stöcken?
U: Mit diesen archaischen Mitteln bleiben wir im Modus der vermeintlichen Direktheit, des Unmittelbaren.
V: Gehen wir von der Zelle aus. Suchen wir, entwickeln wir ein Denken, das in der Zelle, mit der Zelle, in der wir uns befinden, zurechtkommt.
W: Zellen, Denken, Gerät, Maschine, Netz, und das Geschlecht.
X: Was kann das sein, unser Denken, das sich nicht einem Mittel, dem einen Ziel, dem Auftrag einer bestimmten Koporation, Stadt, Kirche oder Gönnerschaft verpflichtet weiss?
Y: Es beschäftigt sich mit der Passform, der Mulde, in die etwas geformt wird und dann herausgelöst wird. Ist Schrift so eine Mulde? Ist ein Bild so eine Mulde? Nein, sie können in Mulden abgelegt werden, in Mulden geformt werden. Sie sind Zellen, die von der Architektur, der Form der Mulde gestaltet werden. Sie können sich von den Mulden, Gussformen, Schalen befreien. Mulden sind Hyperzellen, Bilder, Schrift, Texte: Zellen.
Z: Also bietet das JSO-Denken eine Chance für die Frage von A.
B: Wir sind der Gewalt ausgewichen, indem wir uns mit uns selbst beschäftigen, indem wir uns mit Kunst beschäftigen, mit unserem künstlerischen Leben, dem Leben Intellektueller.
C: „Mit dieser Frage hat sich eine Theologie der Ikone vornehmlich auseinanderzusetzen.“ **
D: Ich habe keinen Überblick über unsere Headfarm. Mir fehlt eine Ebene, von der aus ich überblicken kann was hier geschieht?
E: Das hat schon jemand von uns gesagt.

* Deutsch im Original.
** Massimo Cacciari, „Die Ikone“ [1. Kapitel aus Teil II Icone della Legge] in: Volker Bohn (Hrsg.), Bildlichkeit (übersetzt von wurde von Jürgen Blasius, Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1990), S. 385.

F II

Friday, December 26th, 2014

Muss ins Netz,
mich mit den vagen Bürgen
dort verbündeln,
graupeln, suppen,
damit allein ich
nicht mit den
Daten bleib’
auf meinem Dattelsitz
im Schober der Rendite,
die mir zum Festtag
ausgeschüttelt werden
(von den Räubern, den
Dattelmacherhändlern, auf
die ich sonst so schimpf).

Walther von der Vogelweide

Thursday, December 18th, 2014

Ich sass auf einem Stein,
die Beine übereinandergeschlagen,
drauf hatte ich den Ellbogen gesetzt,
in meine Hand geschmiegt
mein Kinn und die eine Wange.
Ich dachte sehr ernsthaft darüber nach,
wie man in der menschlichen Gesellschaft leben solle.
Ich wusste keinen Rat …
Walther von der Vogelweide, Gedichte (Übersetzt von Horst Brunner, Stuttgart: Reclam 2013), S. 17

Tim Zulauf

Tuesday, December 9th, 2014

Meilensteine in Gesellschaft

 

Mit ihren Unterlagen schiebt eine jüngere Wirtschaftsfahnderin eine ältere in deren Büro, so eifrig, dass auch deren gerufenes «Langsam!» nicht bremst. Beschwichtigend bleibt der Älteren nur die Erwartung zu dämpfen. Ihre pumpenden Armbewegungen weisen zum Boden hin, während sie sich hinter ihren Schreibtisch zurückzieht. Die Hand der jüngeren greift derweil hektisch nach Luftzylindern – als suche sie Worte über der Tektonik des gestapelten Papiers. Oder als wolle sie nach einer Tasse fischen. Filterkaffee, das Requisit der Polizeiarbeit, ist aber längst verboten. «Immer noch süchtig nach dem eindeutigen Berufsbild?» fragt die Ältere. Mit Seitenblick überschlägt sie die Beine auf ihrem Tisch, stützt den Oberkörper auf durchgedrückte Arme, und formt ein «N». Gerade so, dass durch den Buchstaben die zwei Bildtafeln im Hintergrund – ‹A, Stein I› und ‹B, Steine II› – nicht mehr zu sehen sind.

 

«Boss. Was machen wir mit dieser Geschichte hier?» Als Fragezeichen stehen zwei Bogen Computer-Ausdruck in die Luft: «Das ist aus demselben Chatroom abgefangen. Ich beobachte diese beiden Trader ja nun seit Wochen. Es müssen dieselben sein. Nur sie haben Zugang – neben mir. Aber auf einmal kann ich nichts mehr entschlüsseln. Ich war mir sicher, die wetten gegen Griechenland, ich war mir sicher, wir hätten die gleich am Wickel – aber jetzt  … »

Die Ältere schaut: «Sieht tatsächlich aus, als wäre das … codiert? Sehr ungewöhnlich. Oder  war das vielleicht doch privat?»

«Ich frage mich eher, wie das zu knacken wäre, beruflich, Boss.  Hören Sie her … » Die jüngere Wirtschaftsfahnderin beginnt, den Chatroom-Dialog vorzulesen.

 

A: Was denken Sie: Was denkt der Sand, wenn ein Stein auf ihm lastet? Wenn er von der Gravitation zermahlen wird, und doch innerlich von ihr gehalten ist?

 

B: Er mahlt sich wohl dem Nichts entgegen. Der Sand, unter der Dominanz eines Steins.

 

A: Die steinige Definition würde er gerne unter sich begraben, genau. Aber er hängt von ihr ab, als Teil von ihr. Als Sand …

 

B: … als Sand… möchte er jedenfalls nicht Staub werden. Verstehe … Während der Stein nicht zugeben mag, dass er, als ehemaliger Schlussstein eines Tempels, Lust an der Last des Findlings hat, unter dem er eingekeilt liegt.

 

A: Ja. Sobald sich im Gebirge ein Felsbrocken löst, der dann jahrhundertelang in einer Zwischengrösse weiterdöst …

 

B: … und der dabei nicht mitbekommt, wie Kontinentalplatten sein Erbe auseinanderreissen.

 

A: Allerdings: Unsere Definitionen halten auf den Objekten nicht. Selbst wenn es Steine sind, zerspringen sie irgendwann und zerreissen unsere Zeichen …

 

B: …  die Länder, die Nationen …

 

A: Aber wäre das nun eine Drohung? Drohen diese Grenzsteine unserer Vorstellungskraft, wir dürften uns in diese Krise nicht weiter einmischen?

 

B: Drohen? Nein. Ich sage nur: Wenn wir weniger selbstbezogen denken würden. Obwohl wir weder wissen, wie das ginge, noch was das wäre, in einer anderen körperlichen Schwere oder magnetisch schwebend zu denken wie ein Stein und damit ausserhalb der für uns relevanten Zeit zu sein – also ausserhalb einer Zeit, die sich in blauen Flecken äussert oder in Knochenbrüchen, die wir unvermittelt verarzten müssen, ohne auf die Gespräche einer stummen Welt zu hören. Wenn wir das könnten …

 

A: Ich kann Ihnen nur schwören, wie sehr ich das wollen würde: Die Grenzen meiner Einfühlung über das Lebendige hinaus zu dehnen. Vielleicht bleibt der Stein dann trotzdem das Ding, das wir am besten werden können – «werfen können» wollte ich schreiben (das war die Autokorrektur ;-).

 

B: Kiesige Abwege beschreiten Sie da – «beschreiben», wollte ich schreiben – auf der Suche nach einer Einheit, auch diesseits der siliziumhaltigen Intelligenz, hier bei uns.

 

A: Der Stein verdankt seinen Namen doch weiterhin der Spanne einer Hand, die ihn halten kann. Als Werkzeug, Keil in der Faust, Instrument zu etwas …  als Trockensteinmauer eines Gebäudes oder als Gefüge von Begriffen, als philosophische Behausung. Zwecks Abgrenzung. Aber ob er da dann dankbar ist, der Stein, darüber wie unsere Hand ihn definiert, und ihn von Sandkorn, Kiesel, Brocken, Felsen, Findling unterscheidet, das darf bezweifelt werden.

 

B: Gut. Da bin ich Ihnen dankbar. Nur warum drohen Sie mit einer Spaltung? Könnte ich denn für Sie nützlich sein, als zertrümmerte Identität, als Geröllhalde?

 

A: Das Gegenteil, meine ich. Sie sollten noch mehr Stein sein wollen, mehr handhabbare Einheit, sollte es irgendwie weitergehen für Sie. Hier bei uns. Es geht um die geschlossene Form. Kein Gebröckel.

 

«Das ist doch eindeutig eine neue Information, Boss. Die Steinbeisser scheinen unter sich, in ihrer Arbeit, geteilter Meinung zu sein. Vielleicht hat ihre Quelle in Brüssel auch geblockt. Das ist keine kompakte Organisation mehr. Aber … was wären deren innnere Anziehungskräfte, frage ich mich, wenn … »

«Ich glaube, Sie haben ganz einfach Daten eines falschen Gesprächs abgezogen, meine Liebe. Überprüfen Sie das. Denken Sie nach. Und raus an die Arbeit.», sagt die Ältere, die plötzlich jünger als die Jüngere wirkt, während sie mit katzenhafter Drehung die Bildtafeln A1 und A2 von der Wand streift und geräuschlos unter den Tisch gleiten lässt: «Es gibt noch viel zu tun.»

«Ich glaube auch, Boss. Ich glaube nur eben auch», flüstert sie, «da sind Leute aus unserer eigenen Abteilung im Spiel. Irgendjemand spielt hier den Stein, als Spielstein … Wenn das der Fall wäre … sprechen sie ihn diesem Chat da vielleicht von … Meilensteinen: Sie planen die Schritte, bis sie dann wirklich zuschlagen. Wenn die Anziehungskräfte der Märkte erst stimmen.»

«Dann könnten wir dieses Internetgespräch gleich auf unsere Abteilung und uns selber anwenden? Drohen Sie mir?» lacht die jetzt Jüngere, schiebt die Ältere hinaus, und betätigt den Reisswolf. «Die Bilder dieser Steine bleiben doch vor allem eins: Ein Widerstand.»

Tim Zulauf

 

Ein Beitrag zum Steintag

Siegfried Zielinski

Tuesday, December 9th, 2014

 

siegfried1Homo sapiens oder homo sacer, homo ludens, homo artefactus oder homo generator, die derzeit kursierenden Erklärungsmodelle für das Wesen des Däumlings, der wir sind, haben etwas wichtiges gemein: In allen diesen Versuchen, für den Menschen etwas zu bestimmen, was nur ihn als Spezies auszeichne, wirkt sein Körper als Medium. Er vermittelt vom Einzelnen zur Welt des Geistes, des Heiligen, des Spielens, des künstlich Erzeugten wie des Erzeugenden und umgekehrt – von diesen Welten hin zum Einzelnen. Johann Wilhelm Ritter (1776-1810), der Chemiker und Physiker aus Samitz/Samienice/Samitz im heutigen Polen hat diese einfache und archaische Medientheorie mit seinem eigenen Körper zu beweisen versucht und bezahlte dafür einen hohen Preis. Durch die systematischen Experimente im eigenen Körperlabor ruinierte er seine Gesundheit und starb zu einem biographischen Zeitpunkt, an dem für die meisten das Leben erst beginnt. Zwei Grundannahmen waren dabei für Ritter ausschlaggebend:

In der materiellen Welt gibt es nichts rein Statisches. Alles was ausgedehnt ist, oszilliert, ist gemischt, enthält innere Dynamiken und lebt somit. Im Zustand der Schwingung kann es keine Ruhe geben. Ritter hob in seinem Denken und Schreiben nicht nur den Unterschied zwischen Wissenschaft und Poesie, zwischen Text und Bild, sondern in epistemologischer Hinsicht die Differenz zwischen Wissenschaften von lebendigen und toten Dingen auf. Er war Physiko-Chemiker. Seine Wissenschaft vom Leben umfasste das Kunstwerk ebenso wie den Stein als potentielle Gegenstände.

Alle Kräfte haben ihren Ursprung in der Polarität. Sie enthält zugleich das Konzept der Komplementarität. Das Negative und das Positive schließen sich nicht aus, sondern repulsieren gegeneinander oder schwingen miteinander. Das Mikrokosmische des Individuellen vibriert ähnlich zwischen negativer und positiver Spannung wie die Erde als gewaltiger einzelner Planetenkörper und das gesamte Universum. Der Körper des Wissenschaftlers zeigt dies an. Er ist Display und somit ursprüngliches Medium.

Materialistische Medienwissenschaft wurde spätestens um 1800 erfunden.

Aus dem Brief an Oersted:

siegfried2

Quelle: Ritter, J. W.: Fragmente aus dem Nachlasse eines jungen Physikers. Ein Taschenbuch für Freunde der Natur. Heidelberg: Mohr und Zimmer, 1810. Faksimile(nach)druck mit einem Nachwort v. Heinrich Schipperges, Heidelberg: Schneider, 1969.

Siegfried Zielinski
 

Ein Beitrag zum Steintag

Maria Magdalena Z’Graggen

Tuesday, December 9th, 2014

zgraggen

Maria Magdalena Z’Graggen ACc, Aquarell auf Papier, 18,50 x 32,50 cm, 2014.
 

Ein Beitrag zum Steintag