Archive for 2016

Steinzeit: Jacques Derrida „Gesetzeskraft“

Monday, November 7th, 2016

„In dem Raum, dem ich diese Bemerkungen zuordne oder in dem ich diesen Diskurs wiederherstelle, sagt man nicht, dass einem Tier Unrecht oder Gewalt angetan wird; noch weniger redet man von Gewalt und Ungerechtigkeit im Hinblick auf Pflanzen und Steine. Man kann ein Tier quälen, man kann es leiden lassen; niemals wird man jedoch im eigentlichen Sinne behaupten, dass es sich um ein Subjekt handelt, dem man Schaden zugefügt hat, um das Opfer einer Gewalttat, eines gewaltsamen Todes, einer Vergewaltigung oder eines Raubs, eines Meineids; a fortiori gilt, wie man glaubt, dass so auch nicht über Pflanzen und Mineralien (oder über dazwischenliegende Arten wie den Schwamm) reden kann.“

Jacques Derrida, Gesetzeskraft – »Der mystische Grund der Autorität«, Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1991, S. 37

Steinzeit: Gerrit Lansing – Abbadia Mare

Monday, October 24th, 2016

In memoriam John Hays Hammond Jr.,
13. April 1888 – 12. Februar 1965

Wie Tintagel türmt sich dieses gotische Lager (castrum, castellum) auf den Felsen einer nördlichen See. Aber hier! in dieser Fischerstadt von Massachusetts schwindet Europas Weben.

Über dieses erfundene Haus, das die See mit Strafpredigten überzieht, verfabelt,
Fällt die Leere grosser Nacht
Und wir besteigen die Wendeltreppe,
Ignorieren lästernde Kaseln,
Um den schäbigen Mond zu grüssen,
Der das Gewässer in goldener Unruhe bestreunt.

Urbane Höllen scheinen hier fiktiv,
Da der Geist die Bewegungen der See reflektiert
Und der gotischen Vergangenheit. Zeit flimmert
In der salzigen Luft der Sternenruten
Und die Gloucester-Bojen dippen.

Sogar auch hier ist das Geräusch von Tod und Blut
Besoffene Schreie von Möwen bleichen die Nacht.
Da die schwärzere Form ist Norman’s Woe,
Ein Riff, durch Dichtung infam geworden.
Möwen nisten dort, ruhen vom Töten aus.
Ratten schwimmen nachts hinaus, sagt Jack, um zu feiern,
Rote Augen, die sich in den Wellen nähern,
Ein Festmahl von Federn und Blut.
Wieder unten sprechen wir über den automatischen Tod,
Die Wasserstoffbombe und das Zeitalter des Wassermanns.
Aber wir wenden uns ab von den Verrücktheiten menschlicher Rede.
Thai, die Siamkatze schläft.
Das Ohr ist geheiligt und von der Musik eingenommen,
Mischt sich mit dem wiederkehrenden Glauben des Ozeans.

Hier in die Unruhe eines gläubigen Zeitalters eingemauert:
Glaube! Jeder denkt für sich. Glaube! Mach Glaube!
Oh, schwach, schwach, schwach, schwach!
Gute Einfalt aus Wasser, Felsen und glänzendem Mond, du bist genug.

Gerrit Lansing, “Abbadia Mare”, in: Heavenly Tree, Northern Earth (Berkeley: North Atlantic Books, 2009), p. 105f, übersetzt von Nils Röller.

Thomas Raab – Steinzeit

Monday, October 10th, 2016

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Thomas Raab, Steno! (für Nils), 2016

Sunday, October 9th, 2016

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Sarah Burger

Tuesday, October 4th, 2016

1080

Sampurna Chattarji: Verschlauf nicht …

Thursday, September 29th, 2016

Der Moment löst sich von der Stunde.
Mit dem Twang (dem Tang) der Saite, der grad
Vom Bogen geschnellten
Gib Acht
Es gibt keine zweite Chance
Jetzt oder 3600 Sekunden später

Sampurna Chattarji, Not noose noose knot, deutsche Worte von Nils Röller

Sampurna Chattarji: Not noose noose knot

Thursday, September 29th, 2016

The moment is coming loose from the hour
With the twang (the tang) of the string just-snapped
From the bow

Take heed now
There will be no second chance
Now or thirty-six-hundred seconds later

Sampurna Chattarji

Ashmole

Monday, September 26th, 2016

 

Ashmole

Elias Ashmole (1617-1692) Theatrum chemicum britannicum containing severall poeticall pieces of our famous english philosopher (London: printed by J. Grismond for Nath. Brooke …, 1652)

Gerrit Lansing: Von bezeichnenden Steinen, übersetzt von Marina Sawall

Monday, September 26th, 2016

Es gibt vier philosophische Steine, über die Elias Ashmole im Vorwort zu seiner Anthologie Theatrum Chemicum Brittannicum * schreibt, den Minerallischen Stein, den Vegetabilen, den Magischen und den Engellhaften.

1. der Minerallische, „der, der aufgebracht wird nur [bis] zu dem Grad, der die Kraft hat, jedwede Imperfekte Erdige Materie in ihren größtmöglichen Grad an Perfektion zu Verwandeln.“

2. … „durch den Vegetabilen kann man die Natur des Menschen, der wilden Tiere, der Vögel, der Fische zusammen mit allen Arten von Bäumen, Pflanzen, Blumen etc. perfekt verstehen, genauso die Art und Weise, wie man sie dazu bringt, zu wachsen, zu blühen und Früchte zu tragen; wie man ihren Geschmack und Geruch verbessert, und wann und wo wir es uns wünschen, und all das nicht nur in einem einzigen Moment, Experimenti gratis, sondern Täglich, Monatelich, Jährlich, zu jeder Zeit; ja, in der Tiefe des Winters.“

Vom Vegetabilen Stein „wird der männliche Teil … aufgebracht zu einer solaren Qualität, und durch seine extreme Hitze wird er jede Kreatur, jede Pflanze verbrennen und zerstören. Das, was an ihm Lunar und Feminin ist, wird jene (bei sofortiger Anwendung) mit seiner Kälte mildern und in der Art und Weise betäubt und festigt die Lunare Qualität jedes Animallische etc. so lange, bis ihm direkt von jener der Sonne geholfen und es erlöst wird; auch wenn beide aus einer Natürlichen Substanz gemacht sind; sie haben doch gegenteilige Qualitäten: nichtsdestotrotz gibt es solch eine natürliche Assistenz zwischen ihnen, dass das, was die eine nicht tun kann, die andere der beiden kann, und ausführen wird.
Ihre inneren Tugenden übertreffen auch nicht ihre äußerlichen Schönheiten; denn der Solare Teil ist von solch strahlendem transparentem Glanz, dass das Menschliche Auge es kaum auszuhalten vermag; und wenn der Lunare [Teil] draußen in einer dunklen Nacht ausgesetzt wird, werden Vögel von ihm angezogen (und umrunden ihn) wie die Fliege eine Kerze, und sie begeben sich in die Gefangenschaft der Hand: Und das veranlasst mich dazu, zu glauben, dass der Stein, den der alte Eremit (er war damals 140 Jahre alt) aus der Wand seiner Zelle genommen hat, und bezeugt von Cornelius Gallus** , Anno 1602, vom Wesen dieses Vegetabilen Steins gewesen ist: Denn (öffnete man seine Goldene Schachtel, in der er eingeschlossen war) verteilte er seine Strahlen im ganzen Raume, und das mit so großer Herrlichkeit, dass er das Licht überstrahlte, das darin entzündet war; zudem lehnte der Eremit es ab, ihn auf Metall (als dessen unwürdig) zu projizieren, führte aber sein Experiment mit Ehrenpreis und Weinraute durch.

3. Mit dem Magischen oder Prospektiven Stein ist es möglich, jede Person in jedem Teil der Welt zu entdecken, sie kann sich nie gut genug verbergen oder verstecken; in Kammern, Schränken oder Erdhöhlen: denn er führt eine strikte Inquisition durch. Kurz gesagt, präsentiert er dem Blick sogar die ganze Welt, in der Ihr erblicken, hören oder sehen könnt, was ihr euch wünscht. Mehr noch befähigt Er Menschen, die Sprache der Tiere zu verstehen, wie das Zwitschern der Vögel, das Brüllen der wilden Tiere etc. Um einen Geist in ein Bild zu überführen, das durch Beobachten der Einflüsse Himmlischer Körper zu einem wahrhaften Orakel wird: Und doch ist dies, wie Euch E.A. versichert, in keiner Weise Geisterbeschwörendd, oder Teuflisch; sondern einfach, auf wundersame Weise einfach, Natürlich und Ehrlich.

4. „Zuletzt, wenn wir auf den Engellhaften Stein zu sprechen kommen, er ist so subtill, sagte der besagte Autor, dass er weder gesehen, gefühlt noch gewogen, sondern nur geschmeckt werden kann. Die Menschliche Stimme (die einige verwandte Eigenschaften mit diesen subtillen Eigenschaften teilt,) reicht im Vergleich nicht an ihn heran; Nicht einmal die Luft selbst ist so durchlässig, und ja (Oh mysteriöses Wunder!) Ein Stein, der im ewigen Feuer lagert, ohne Beeinträchtigung. Er hat eine Göttliche Kraft, Himmllisch und Unsichtbar, überlegen, und stattet seinen Besitzer mit Göttlichen Gaben aus. Er erlaubt das Erscheinen der Engell, und verleiht die Kraft, mit ihnen zu sprechen, durch Träume und Offenbarungen, nie darf irgendein Teuflischer Geist es wagen, sich dem Platz zu nähern, an dem er lagert. Denn er ist eine Quintessenz, in der es kein korruptes Ding gibt: und wo die Elemente nicht korrupt sind, kann kein Teufell bestehen oder wohnen.

S. Dunston nennt ihn Engelsnahrung, und von anderen wird er bezeichnet als Himmlisches Viaticum; Der Lebensbaum, und [er] ist unbezweifelbar (gleich unter GOTT) der wahre Alchochodon, oder Jahresgeber; denn durch ihn wird der Menschliche Körper vor Korruption bewahrt, wobei er dazu befähigt wird, lange Zeit ohne Nahrung zu überleben; nein, es ist sogar die Frage gestellt worden, ob ein Mann, der ihn benutzt, überhaupt Sterben kann.“

* Anm. d. Übers.: Lansings Schreibweise des Titels von Ashmoles Werk weicht leicht vom Original ab. Gemeint ist: Elias Ashmole: Theatrum Chemicum Britannicum (London: J. Grismond for Nathan Brooke, 1652 (Repr. Hildesheim: Georg Olms, 1968)).

** Anm. d. Übers.: Mit Cornelius Gallus ist nicht der römische Dichter (70 v. Chr.–27/26 v. Chr.) gemeint, sondern der Niederländer Frederick Gallus. Ashmole (1617-1692) verweist hier auf dessen Bericht über seinen Besuch der Klause von St. Michael (im Thüringer Wald oder in Tirol?) im Jahr 1602 (oder 1603), siehe Stanton J. Linden: The Alchemy Reader: From Hermes Trismegistus to Isaac Newton (Cambridge/New York: Cambridge Univ. Press, 2003), p. 228, FN 19; weitere Literaturhinweise in: Christian Mouchel/Colette Nativel [Hg.]: République des Lettres, République des Arts. Mélanges offerts à Marc Fumaroli, de l’Académie Française (Genf: Librairie Droz, 2008), p. 107, FN 20.

Gerrit Lansing / Elias Ashmole / Übersetzung: Marina Sawall nach: Gerrit Lansing, “Of Signifying Stones”, in: Heavenly Tree, Northern Earth (Berkeley: North Atlantic Books, 2009), p. 243-44.

 

JSO MAEDER. FIG. bl/sept.2016 (1-3) – “rims (shields & skins)

Wednesday, September 21st, 2016

 

 

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