Ein rotseidenes Segel, übrigens,
February 16th, 2007sah Gachmuret, nachdem er heimlich Belakane Read the rest of this entry »
sah Gachmuret, nachdem er heimlich Belakane Read the rest of this entry »
Wieder Schwarz, wieder Weiss, wieder schwarz-rauchige Fäden auf einer weissen Fläche. Wiederholen wir das Spiel vom Vordergrund und Hintergrund? Oder gehen wir den Nuancen nach? Folgen jetzt nicht dem rotseidenen Segel, das sich auf den anderen Seiten der Drucke zeigt?
Newman fordert uns auf, Nuancen als Chancen zu begreifen. Er beginnt erst uns aufzufordern, da wir uns seinen Wahrnehmungsangeboten wiederholt widmen. Erst wenn wir beginnen, uns näher mit seinen Cantos zu beschäftigen, uns Zeit und Raum nehmen, seine Angebote wahrzunehmen, beginnt er uns aufzufordern. Geht man dieser Aufforderung nach, stolpert man über Unendlichkeit. In den Nuancen lassen sich weitere entdecken, vielleicht unendlich viele Nuancen. Schnell, zu schnell, vorschnell beginnt man, wenn man begonnen hat, sich Zeit zu nehmen, von Unendlichkeit zu sprechen.
Wer aber möchte Unendlichkeit? Möchte man nicht vielmehr klare Enden sehen, zum Beispiel das Ende des Tötens? NZZ Nr. 23 meldet, dass bei einem Granatenangriff auf eine Mädchenschule im Westen von Bagdad 5 Schülerinnen gestorben sind und 20 Menschen verletzt wurden. Wer will, dass diese Zahlen in das Unendliche fortschreiten?
Widmet man sich den einzelnen Zahlen, fragt sich was Tod von 5 Schülerinnen bedeutet, entfalten sich Nuancen: Waren es alle Schülerinnen der Schule oder waren es fünf aus einer grösseren Gruppe? Was für eine Schule ist dort getroffen worden? War es eine Schule, die mit Mitteln eines ehemaligen deutschen Soldaten gebaut worden ist, einem Mann, der mit seiner Familie seit Jahren Gelder für den Unterricht weiblicher Muslime sammelt, weil er überzeugt ist, dass auch Frauen Zugang zu Bildung haben müssen?
Wieviel Schülerinnen müssen nun mit dem Choc leben, dass sie beim Versuch, ein Grundrecht wahrzunehmen, getötet werden? Werden die Väter der gestorbenen Mädchen nun ihren anderen Töchtern den Gang in die Schule verbieten? Diesen Fragen kann man beharrlich nachgehen und ich denke, dass Newman solche Beharrlichkeit schult. Es ist die Beharrlichkeit der Geduld, einer Geduld, die sich nicht abfindet mit dem, was andere als Gegeben ansehen.

Eine weisse mit schwarzen Fadendampf durchkräuselte Fläche hebt sich am rechten Seitenrand vor einem schwarzen Hintergrund ab. Der weisse Vordergrund auf dem Hintergrund der schwarzen Bildfläche kippt um: Der weisse Vordergrund wird zum Hintergrund, vor dem sich rauchartig Schwarz entfaltet. In diesen schwarzen Rauchfäden nistet sich wiederum Weiss ein, das punktuell wieder in den Vordergrund gerät. In den Vordergrund der amerikanischen politischen Berichterstattung gerät derzeit die Frage, ob ein schwarzer Mann Präsident der Vereinigten Staaten werden kann. Dabei wird die Frage gestellt, ob der schwarze Mann überhaupt schwarz ist.
Fragen nach schwarzer und weisser Hautfarbe schwelen schon seit langem, schwelten schon im Mittelalter, als der Held Gachmuret die schöne schwarze König Belakane von Zazamanc verliess. Aus dieser Geschichte quellen Gestalten wie Feirefiz, Herzeloyde und Parcival hervor. Die Debatte über die Schwärze des farbigen möglichen Präsidentschaftskandidaten, drängt die Wahrnehmung von George Bush in den Hintergrund.
Die NZZ Nr. 20 erwähnt, dass er den Status einer lahmen Ente erreicht hat. Diese Erwähnung steht im merkwürdigen Verhältnis zu anderen Nachrichten über die Politik des George Bush, die gleichfalls gemeldet werden: Tote bei Kämpfen mit Amerikanern im Irak, die Freilassung Norriegas und verdeckte Einsätze der US-Armee in Afrika. Die Worte „lahme Ente“ ziehen die Aufmerksamkeit von der ausgeübten tatsächlichen Wirkund der Politik dieses Mannes ab, die in drei Kontinenten zugleich wirksam ist.
Es wäre vielleicht besser, vom Status einer sich unbewegt stellenden Krake zu sprechen, deren Kopf sich demütig und ruhig vor den Volksvertretern verhält, während seine Tentakel Gewalt in Gebieten ausüben, die Tausende von Kilometern entfernt liegen. Statt Metaphern mögen vielleicht mathematische Formeln besser die Unterschiede zwischen der Fernwirkung und der Nahwirkung in der Politik darstellen. Formeln signalisieren, dass etwas nicht prima vista zu begreifen ist, nicht in Metaphern aus vorindustriellen, prädigitalen Verhältnissen darstellbar ist. Metaphern wie diese beruhigen das Denken mit einem Muster, anstatt es zur Tätigkeit zu motivieren.
Obwohl sie nach einem einfachen Muster angefertigt zu sein scheinen, gelingt es den Cantos von Newman, dem Denken einfach Fragen zu stellen. Kompliziert stellt Ezra Pound hingegen Fragen in seinen Cantos. Newman möchte Pound aus guten Gründen nicht die Vorherrschaft über dieses wichtige Wort „canto“ lassen. Könnte das Wort „Lied” oder die Gedanken an die Farbflächen Newmans einem Menschen helfen, der mutlos und zerstört in einem Folterkeller sitzt, in einem Folterkeller, der eingerichtet worden ist, weil das opportun zur Politik von George Bush ist?


“Als ihre Zeit gekommen war, gebar die Herrscherin * einen zwiefarbenen Sohn, an dem Gott ein Wunder getan hatte; seine Haut war nämlich weiss und schwarz gescheckt. Die Königin bedeckte seine weissen Hautstellen mit Küssen. Feirefiz von Anjou nannte die Mutter das Kind und ihr Sohn wurde ein Waldvernichter; so viele Lanzen und Schilde durchstach er. Haar und Haut waren bei ihm weiss und schwarz gefleckt wie das Gefieder einer Elster”.* Read the rest of this entry »
Schwarz auf Schwarz, wirkt wie Blau auf Schwarz. Schwarz wird Blau. Blau wird Schwarz. Schwarz wird weiss? Nein, aber die Kontraste bleiben, die Relation der Unterscheidung bleibt. Das Unterscheidende hebt die Unterschiedlichkeiten des einen und des anderen vor. Unterschied ist als Beziehung denkbar, kann damit in eine Logik eingegliedert werden, wird zum Muster, verliert an Problematik. Dennoch verblüffen die Kippmomente in Newman`s Cantos. Die Stelle von Hellweiss nimmt ein leuchtendes Hellblau ein, dann ein Schwarz. An ihren Rändern lassen die Farbgrenzen Überschreitungen wahrnehmbar werden. Die Wahrnehmungen schwappen von einer Fläche zur anderen Fläche über.
Die unterschiedenen Farbflächen stehen in einem Wechselverhältnis, das sich vielleicht wahrnehmungsphysiologisch begreifen lässt, das sich aber nicht dem Willen des Betrachters beugt. Es beugt sich auch nicht die Ungerechtigkeit dem Willen derjenigen, die sie wahrnehmen wollen. Will man wahrnehmen, entzieht sich das, was aus der Welt berichtet wird, dem Verständnis. Es muss sich dem schnellen Verständnis entziehen, denn menschliches Leid ist etwas Ungeheures, etwas nicht Tolerierbares. Das heisst nicht, dass das Denken vor dem Ungeheuren kapituliert und sich senil damit abfindet. Nein. Doch viel zu leicht nehmen wir zur Kenntnis, nehmen die Unermesslichkeit der Grausamkeiten nicht wahr, nehmen noch nicht einmal wahr, dass disie unermesslich sind und damit geben wir dem Denken nicht die gebührliche Chance, sich damit zu beschäftigen. Es kann sich dann noch nicht einmal daran erproben. Die NZZ Nr. 19 berichtet vordergründig von der Auslieferung mexikanischer Verbrecher an die USA. Klar konturiert erscheinen zwei Schraffuren:
– Osiel Cardenas Guillén, Chef des Kartells des Golfs von Mexiko, sitzt seit 2003 in einem Hochsicherheitsgefängis und scheint von dort sein Imperium dank Kurieren und Handys unbehindert weiter verwaltet zu haben.
– Im vergangenen September unterbrachen Männer in Militäruniformen eine nächtliche Party und warfen blu..ge K…e von Ent…..eten auf die Tanzfläche.
Diese Schraffuren heben sich ab vor einem ungeschilderten Hintergrund, den wir noch nicht einmal wahrnehmen, nicht einmal sehen, dass dieses Schwarz oder dieses Hellblau oder dieses Hellweiss sich erheben vor einem anderem Schwarz, vor einem noch anderen Schwarz oder vor einem Beigeweiss. Wendungen wie “unbehindert” oder “unterbrachen” sind Hinweise, dass die Schraffuren in einen Kontext eingebunden sind, der uns jedoch entgeht, wenn wir nur die Ungeheuerlichkeit zur Kenntnis nehmen. Die nehmen wir auf dem Hintergrund unseres Interesses an Neuigkeiten, nur vor dem Hintergrund unserer Gewohnheit wahr. Ungewohnt wird der europäische Hintergrund des Empfindens, wenn er sich an die Schwellenzeit des Mittelalters erinnert, da Araber und Christen im Mittelmeerraum sich kämpfend begegneten und Geschichten daraus gesponnen wurden. Gesponnen wurde dabei auch die Geburt des Feirefiz von Anjou.