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Johannes Binotto

Tuesday, December 9th, 2014

Durch

Wie kommt es eigentlich, dass man glaubt, man könne den eigenen Körper dem, was man gemeinhin Umwelt nennt, entgegensetzen? Wir behaupten den Leib als kompakte Einheit, dessen Unversehrtheit wir bewahren müssen und erklären diese Unversehrtheit gar zu einem Menschenrecht. Doch strafen wir uns dabei buchstäblich mit jedem Atemzug selber Lügen. Denn was sind Mund und Nase, durch die wir atmen anderes, als Versehrungen, Löcher im Körper? Lebt der Körper nicht ausschließlich über seine Wunden: Essen, Scheißen, Schwitzen, Sehen, Sprechen, Hören – all dies vollzieht sich über empfindliche und entzündliche Körperöffnungen: Körperzonen, welche die Psychoanalyse erogen nennt, Zonen der Erregung, in die man ein- oder aus denen man ausdringt, Zonen des Übergangs mithin, wo sich die Unterscheidung von Innen und Außen auflöst. Der Fakir, der sich eine Nadel durch seinen Schenkel bohrt, führt nur vor, wie unser aller Körper ohnehin beschaffen ist: nicht versiegeltes Gefäß, sondern vielmehr Schwamm, vollkommen durchlässig und von Gängen durchzogen. Was man am einen Ende hineingießt, tropft aus allen anderen Poren und Löchern wieder heraus, als Schweiß, Tränen und Urin. Wenn man sich eine genügend helle Taschenlampe in den Mund steckte, müsste das Licht aus unseren Körperöffnungen treten. Der anus solaire, von dem Bataille schreibt, wäre dann mein eigener. Und so geht auch der Raum, von dem ich sage, er sei mir äußerlich, eigentlich unentwegt durch mich hindurch. Ich selber als poröses Lebewesen bin nur ein Tunnel, eine Passage, wie ein offener Radiator, der im Zimmer steht. Es gibt mithin gar kein Körperinneres, sondern eigentlich nur eine unzählig oft gefaltete Oberfläche, die man wieder auseinanderfalten könnte, wenn man über Pinzetten verfügte, die fein genug wären. «Seele ist nur ein Wort für ein Etwas am Leibe» behauptet Nietzsches Zarathustra und denkt dabei doch noch zu wenig dynamisch. Seele ist nicht am Leib, sondern vielmehr, was durch diesen hindurchgeht, durch seine Kanäle und Höhlen strömt, sich über seine Oberflächen und deren Faltungen ergießt. Das Subjekt: ein Durchfluss.

Johannes Binotto

Ein Beitrag zum Steintag

Darya von Berner

Tuesday, December 9th, 2014

berner

Darya von Berner Falacia, Arbeit zu Luca Giordano, La creazione dell’uomo, Videostandbild, 2014

Ein Beitrag zum Steintag

Oliver van den Berg

Tuesday, December 9th, 2014

berg1
Sternenschuß 1-14, Zeichnung

 

berg2

Welt 1 frei, Fotografie

 

Oliver van den Berg Kneter Monte2 – small, Video

Ein Beitrag zum Steintag

Judith Albert

Tuesday, December 9th, 2014

albert

Judith Albert aus der Serie «Beyond the horizon», Collage, 2014

Ein Beitrag zum Steintag

Steintag: Contributions of the Artists am 9. Dez. 2014 ab 18.02h

Sunday, December 7th, 2014

Der Stein hat eine Seele, denn er kann andere Steine bewegen. Zum „Steintag“ reagieren hier eingeladene KünstlerInnen, DichterInnen und TheoretikerInnen mit ihren Beiträgen auf Steine in der Journal-Publikation „Über Kräfte“ (Merve, Berlin, 2014).

Die Beiträge werden ab 18.02h live online gepostet. Primzahlen legen den Takt fest, in dem die Beiträge online gehen.

„Eingefasst“ wird der Steintag vom Mini-Symposium „Zwischenstadien“, Beginn: 17.00h mit Susanne Pfeffer (Direktorin Fridericianum Kassel), Armen Avanessian (Philosoph), Nils Röller (Philosoph) und Konrad Tobler (Kultur-Journalist und Autor) anlässlich der diesjährigen Journal-Publikation.

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F II

Saturday, November 22nd, 2014

Das Boot hab’ ich,
um, was ich fisch’, zu sammeln;
muss nun in nin’ Mattekurs
zum was Lernen geh’n,
hab’n mir gesagt die Datenherrenräuber, dass
ich was mach’n muss, damit dass sie mir nich’ immer
was auf’s Dachgesicht hau’n müss’n soll’n,
wo, wie sie von wissen, auch wenn’s ich’s nur spür’,
mehr kaputt geht, wenn sie schlagen mir
in’s Facebook ein.

F II

Monday, November 17th, 2014

Mit mir ist nicht viel los,
hab’ nichts aus’m Meer g’holt,
was für sie was wär’, was bei ihn’ was gilt,
aus dem Meer, das in mir ist, nichts g’holt hab‘ ich.

Denk’ mir n’in Turm,
ne Pfort’, n’in Markt
alles sowas in das Meer
wo ich n’in Schiff ich hab’,
nin Boot, das sinkt.

Müsst’ nun flieg’n,
hab’ nur Flügel nicht,
die man könnt für’n
Flug g’brauch’n.

F II

Tuesday, October 21st, 2014

Hab zwar nur kahle Daten,
soll gleichwohl andern
was ich habe, melden;
muss mit ihnen teilen, was ich’
glaub zu haben, aber nicht
weiss, ob ichs besitz.

 

Sie aber teilen nicht,
kein Haben, nur das Soll
bekomm ich zugemutet,
als Mensch mit Schädeldaten,
bekomm dann noch was
aufs Dach, wenn ich liefer,
was ich nur glaub zu haben,
weiss doch nichts, nicht mal,
ob das hier ein Gedicht über
kahle Daten ist.

F II

Friday, October 10th, 2014

Könnt der
Rumpf ein
Mond sein?

Sollt‘ der
Mond ein
Schiff sein?

Von der
Erde
aufge-
brochen,
Träumen
dienend,
Hilf‘ für
Glücksver-
sprechen?

Doch kaum,
wenn du
und ich,
er, sie,
und es,
wir, ihr
sie hier,

wenn hier
wir, ihr,
da und
dort noch
in den
Meeren
Rümpfe
treiben
von er-
trunk’nen
Leibern,
Menschen?

Während
wir uns
auf ver-
borg‘nen
Narren-
schiffchen,
im Selbst
vernetzt,                                                                                                                                                                                           verfang’n
uns be-
denkend,
Egorümpf‘
der Selbst-
Kalbpfleg‘
umtanzn‘,                                                                                                                                                                                      segelnd.

F II

Wednesday, October 8th, 2014

Ich geh‘
jetzt
mal was
singend
suchen,
finden,
bergen