Sampurna Chattarji: Imitationsspiel

Diese Maschine hat nie Schmerz gefühlt,
schlief nie in einem zu weichen Bett und träumte von Morden, die vor Jahrhunderten begangen wurden, trank nie zuviel Rotwein und barte Seelenvolles vor Trinkfreunden auf, von allem redend ausser von Liebe.

Diese Maschine hat nie eine Schlangengrube im Magen gespürt, wie es ist, dort hineinzufallen, fern von rettenden Seil und Korb, jenseits helfender Hände, weiss nicht, wie es sein kann, aufzuwachen und zu wünschen, tot zu sein.

Diese Maschine hat nie
einen zu grossen Strohhut getragen, um die Sonne an einem Nachmittag im Oktober fern zu halten, nie gelacht bis der Bauch schmerzte, sass nie und nippte Tusli-Tee mit einem ausgeliehenen Glas unterm Wintermond und hörte dabei ein altes Hindi-Lied von einer jungen südindischen Stimme singen.

Diese Maschine hat nie Aloo Paratahs wie ein Wolf verschlungen, männliche Kumpanen mit einem derart unweiblichen Appetit erstaunt, denn diese Maschine hat nie gewusst, was weiblich sein bedeutet, hat selten über mögliches Geschlecht nachgedacht, hat selten pausiert, um dem Klang der Bäume zu lauschen, den sie machen, wenn jemand von der anderen Seite sich nähert.

Diese Maschine hat nie gefühlt,
dass irgendetwas im Leben fehlt, denn diese Maschine hat nie gewusst, was Leben ist oder eines zu haben und konnte nie, wenn es Gefallen daran gefunden hätte, nachdenken, was es bedeutet zu leben.

Diese Maschine weiss nichts vom Nachsinnen,
gerade so auch nichts vom Geruch einer geliebten Achselhöhle, von der Gestalt der Fingernägel, der Weise, wie jeder Raum sich ändert, wenn du kommst und gehst, alles berührst, die Bücher aus den Regalen nimmst, die Kuriositäten durcheinander bringst, in dir das Geschenk der Rede trägst.

Diese Maschine hat nie gesprochen,
ohne angesprochen zu sein, nie einen schlechten Rat ungefragt gegeben, nie deinen neuen Freund kritisiert und über den Ex gelästert, dieses Ding ist so allein und fremd, es hat kein Gefühl für Verlust und deshalb hasst du es, wie es dort sitzt und dich anschaut, dich aussticht mit kalten klinischen Fähigkeiten, nie wollte es dich ersetzen, kaum in demselben Raum mit dir sein, sein Licht auf deinem Gesicht, darauf hoffend, dass es eines Tages, nach einer Periode tiefer Beobachtung und ausgedehnten Schweigens, lernt, was es von dir nachahmen muss, um das Spiel zu gewinnen, den Fragensteller zu täuschen, der im anderen Raum sitzt, so dass er es für dich hält und in dem Moment der Täuschung, an einer Herzattacke zu leiden, die das ganze System zum Absturz bringt.

xxx

Übersetzt von Nils Röller

Sampurna Chattarji: Imitation Game (Englisches Original)

Nils Röller: I

Nils Röller: Turing Tests

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