Nils Röller: Jabès-Kompass – Descartes und Jabès

Der Philosoph und Dichter Jabès schreibt, dass Gott den Menschen benötigt: “Gott braucht den Menschen als Gott. Grausamkeit des Nichts.” Dieser Gott ist “voller Arglist”.


Descartes folgert hingegen, dass Gott kein Interesse daran haben kann, den Menschen zu täuschen. Auch wenn Menschen es als eine “Art von Argument für Geisteskraft” ansehen, wenn jemand täuschen kann, ist das kein Argument dafür, dass der allmächtige Gott täuscht. Ein Gott, der täuscht, wäre ein schwacher Gott und das wäre ein Widerspruch zur Definition Gottes. Descartes entwickelt seine Argumentation, nachdem er alles Gewisse in Zweifel gezogen hat. Der Zweifel führt ihn zu der klaren und deutlichen Einsicht, dass er denkt und deshalb existiert. Unter Denken versteht er “alles, was auf bewusste Weise in uns geschieht, das wir also erkennen, insofern es zu unserem Bewusstsein gehört”. Aus dieser Einsicht folgert Descartes, dass Gott kein Betrüger ist, aber ebenso, dass die materielle Welt – und damit die Natur – erklärbar ist. In seinen Schriften lässt der Philosoph schrittweise aus einer grundlegenden Einsicht Prinzipien entstehen. Diese Prinzipien kombiniert er mit Erfahrungen und entfaltet so ein Universum, das insgesamt verständlich ist.

Jabès zieht schreibend die Möglichkeit in Zweifel, ein Buch zu schreiben. Seine Bücher bilden ein einziges Buch, ein Fragment des Zweifels. Die Sätze und Kapitel kreisen um das Verhältnis des Menschen zu einem Gott, der sich in einem Buch mitteilt. Schrift, Wort und Buch verbinden und trennen Mensch und Gott:

“Gott wird durch das Buch gerettet und gleichzeitig zerstört.”

Das Verhältnis zwischen Gott und Mensch wird durch das Buch bestimmt. Das Buch spannt eine subversive Beziehung zwischen beiden auf.

Zwischen Natur und Mensch fehlt ein Buch, das gestattet, ihr Verhältnis subversiv zu entwerfen. Wenn der Mensch dank der Schrift, mittels Worten und Zeichen sein Verhältnis zu Gott wenden kann, wie kann dann der Mensch sein Verhältnis zur Natur ändern?

Was wären die Schreibweisen, Worte und Zeichen der Natur?

Die Natur gibt zu lesen auf.

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