Ende des Staatskapitalismus

Gott benötigt den Menschen, um wahrnehmbar zu werden, ja, um überhaupt leben zu können, so argumentiert die dichtende Ästhetik von Edmond Jabès, so lässt sich auch die Dialogphilosophie von Martin Buber pointieren. Vor dem Hintergrund dieses Gedankens, der das Verhältnis des Menschen zum mächtigen Schöpfergott des alten Testaments umkehrt, entfalten Barnett Newmans Cantos ihre ästhetisch-politische Relevanz. Cantos nennt der amerikanische Künstler eine Serie von 18 Lithographien. Canto I zeigt zwischen schmutzigeren weissen Flächen ein helleres Weiß. Wie kann das als Gesang gelten und wie teilen die Farbflächen etwas mit, das über eine ästhetische Dimension hinaus geht und in heutigen Zeichenwelten relevant ist?

ja, um überhaupt leben zu können, so argumentiert die dichtende Ästhetik von Edmond Jabès, so lässt sich auch die Dialogphilosophie von Martin Buber pointieren. Vor dem Hintergrund dieses Gedankens, der das Verhältnis des Menschen zum mächtigen Schöpfergott des alten Testaments umkehrt, entfalten Barnett Newmans Cantos ihre ästhetisch-politische Relevanz. Cantos nennt der amerikanische Künstler eine Serie von 18 Lithographien. Canto I zeigt zwischen schmutzigeren weissen Flächen ein helleres Weiß. Wie kann das als Gesang gelten und wie teilen die Farbflächen etwas mit, das über eine ästhetische Dimension hinaus geht und in heutigen Zeichenwelten relevant ist?

Newman betonte am Ende der vierziger Jahre, als er mit den sogenannten Zips die Farbflächenmalerei zu revolutionieren begann, die politische Bedeutung seiner Kunst Er war davon überzeugt, dass seine Gemälde „richtig gelesen … das Ende eines jeglichen Staatskapitalismus und Totalitarismus bedeuten“. Newman sagt also, dass seine Farbflächen in diesem Sinne „meaning“ transportieren, obwohl sie keine deutbaren Zeichen aufweisen, außer dem Titel.

Der Titel in den Cantos, die wie die Gemälde mit Zips arbeiten, eine Beschäftigung mit Zahlen und Sprache nahe, also etwas, das die Menschen geschaffen haben und nicht die Natur. Die Natur zählt nicht, sie singt auch nicht. Newmans Cantos sind mit Zahlen unterschiedene Gesänge, es sind gezählte Gesänge, Gesänge, die eine Kraft der Zahl mitteilen. So wie jede Zahl die Möglichkeit einer nächsten oder einer vorherigen Zahl anweist, so weisen die Cantos Möglichkeiten unterschiedlicher Wahrnehmungen an. Jeder Canto ist ein Sonderwesen, das sich durch Kontraste und Zonen der Überlagerung bildet und als Prinzip der Wahrnehmung vermittelt. Diese Prinzipien sind übertragbar.

So lässt sich jeder Kontrast als Chance begreifen, Aussagen wie strahlend und schmutzig zu relativieren. Kontraste sind Chancen, Machtverhältnisse zu relativieren, wie zum Beispiel das Verhältnis zwischen unendlicher göttlicher Macht und endlicher menschlicher Ohnmacht. Das gilt auch für die heutigen Nachrichten, die andere Beziehungen zwischen Macht und Ohnmacht, zwischen global wahrnehmbaren Unruhen und lokaler Behaglichkeit stiften. Relativieren bedeutet, nach den Verhältnissen zu fragen, in denen sich etwas überträgt.

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