Headfarm: Heidegger – Bodenlosigkeit, Rassismus, Rechnen
J: Wir fliegen.
D: Deutsche Philosophen haben ein Problem mit dem Fliegen, sie polemisieren gegen Bodenlosigkeit. Über Heidegger erfahren wir in diesen Tagen wie eng Rassismus mit einer Polemik gegen Bodenlosigkeit und gegen Rechnen verknüpft sind: „In den Schwarzen Heften spricht Heidegger ausdrücklich vom ?Rasseprinzip? und fügt an, die Juden hätten eine besondere ?Begabung? für das ?Rechnerische?. Das Rechnerische ist, das muss man wissen, bei Heidegger prinzipiell abschätzig gemeint, denn wer rechnet, der denkt nicht. Die Herrschaft der Zahl, so heisst es in seinem Werk immer wieder, ist bedeutungsleer, sie erschöpft sich in ?bodenlosem Scharfsinn? und abstrakter Rationalität. Das Rechnerische ist das Kainsmal des geistlosen Geistes, das Kennzeichen für das ?uferlose Treiben verstandesmässiger Zergliederung?.
Nach der Bemerkung, die ?rechnerisch? begabten Juden hätten historisch am längsten nach dem ?Rasseprinzip? gelebt, folgt ein Halbsatz, der einem den Atem stocken lässt. Heidegger moniert, die Juden hätten alles getan, damit auf sie selbst das ?Rasseprinzip? keine ?Anwendung’ fände, anders gesagt: Sie lebten zwar nach dem ?Rasseprinzip?, aber sie wollten nicht, dass man sie danach behandelt. Dieser Halbsatz ist auf vollendete Weise heimtückisch, denn Heidegger schreibt den ?rechenhaften? Juden erst eine Lebensform zu (sie leben nach dem ?Rasseprinzip?), um sie dann im Licht der eigenen Merkmalszuschreibung zu disqualifizieren und intellektuell auszubürgern. Wenn man legitimerweise das ?Rasseprinzip? auf die Juden anwenden würde, dann hätten sie politisch, kulturell und gesellschaftlich nicht jene Macht inne, die ihnen nach Massgabe ihres eigenen Prinzips nicht zustünde. Auch wenn es abstossend ist, man muss diese Exklusionsphrase ausbuchstabieren, die Heidegger in voller Kenntnis der national-sozialistischen Judenhetze zu Papier gebracht hat. Denn es ist mit Händen zu greifen, welche Behauptung er aufruft, wenn er den Juden eine partikulare ?Begabung? für das ?Rechenhafte? zur Last legte, das Prinzip der ?bodenlosen? Rationalität: Heidegger spielt auf die in der faschistischen Intelligenz übliche Infamie an, die Juden hätten den Universalismus erfunden – die Gleichheit aller Menschen –, um selbst als Gleiche rechtlich anerkannt zu werden. Die jüdische Erfindung von Gleichheit und Moral war der Trick, um sich Macht und Einfluss zu sichern; sie begründet die Herrschaft des entwurzelten Daseins über die existentielle Tiefe der metaphysischen Völker, die Herrschaft des bloss ?Seienden? über das ?Sein?.“ (Thomas Assheuer, „Er spricht vom Rasseprinzip“, Die Zeit Nr. 1 (27.12.2013), S. 48)