William Gilbert: Dip or Inclination

Magnetic needles, pointers, rods or wire have a tendency toward the earth’ s centre, the so  called magnetic dip or inclination. Inclination variers. Here a magnetic wire in a cork shows its dip in a bowl filled with water. [ZB Magnet 2] William Gilbert, De Magnete (London: Petrus Short, 1600), Zentralbibliothek Zürich, Alte Drucke und Rara, XVI.28, p. 203.


M.: Gilberts Sorgfalt, die Sorgfalt eines Leibarztes der Königin von England, führt ihn zu Experimenten, die unsere heutige Feldtheorie vorbereiten und damit unser Denken über Kräfte. Er hat sich einen Körper verschaft, einen Probekörper, an dem er Abweichungen, Neigungen, Anziehungen, Abstossungen untersuchen kann, all das, was unsere menschlichen Geschäfte lenkt. Aber jetzt bin ich zu metaphorisch. Ich gerate in den Panofsky-Modus.
H.: Die Situation in Fukushima ist ausser Kontrolle.
D.: Osama bin Laden ist nicht mehr ausser Kontrolle.
J.: Wenn Du Eliminieren mit Kontrollieren gleichsetzt, dann hast Du recht, allerdings sind die Prozesse, die Osama bin Laden kontrollierte, noch nicht unter der Kontrolle der Anti-Terror-Unternehmen.
D.: Ich glaube, dass wir falschen Leitbildern aufsitzen, wenn wir von Kontrolle sprechen. Hier zeigt sich schon die Problematik des Denkens in Kreisläufen, mit Hilfe von Sphären, Kugeln, seien dies Erdkugeln oder Gilberts Terrella. Solche Modelle bestätigen Vorurteile, und zwar dasVorurteil,  Prozesse auf der Erde, seien diese natürlich oder von Menschen erzeugte, verlaufen gleichförmig und lassen sich in Formen darstellen, die  Symmetrien und Gleichgewichte voraussetzen. Ich wundere mich über die Kreise in unserem Blog.
Realometer: Als Künstler solltest Du Kunst genauer betrachten, und den Text berücksichtigen, der zu den Bildern gesetzt worden ist. Übrigens ist in dem obenstehenden Bild keine Terrella zu sehen, sondern ein Stück Kork, durch das eine Nadel gesteckt worden ist.
M.: Die Vernunft Kants, die erlaubt, unsere Sorge über die Effekte der Globalisierung des Kapitals, der Wissenschaft und der Kunst zu reflektieren, ist vergleichbar mit Gilberts Probeerde. Gilbert entwarf einen Probekörper, mit dem er die Erde und damit auch den Kosmos erforschen konnte. Während die Königin ein Symbol für den Staat, die menschliche Macht ist, und damit für die Kultur; ist die Terrella ein Symbol für die Bescheidenheit, für den Respekt gegenüber der Natur und dem Kosmos.
J.: Glaubst Du das die Vernunft, mit der wir unsere Empfindungen und Handlungen koordinieren so eine Probeerde ist?
R.: Wir haben bereits unüberschaubar viele Probeerde. Wir haben soviel Probeerden wir wir Texte haben. Texte sind Probeerden. Probiererden. Teststrecken globalen Empfindens, Denkens und der Kritik. Diese Probeerden haben sich nicht von den Kugeln, Sphären und ihrer ausgewogenen Form, ihrer Uniform einlullen lassen. Ich habe heute morgen das Gedicht 3% von Kirill Medvedev gelesen. Er schreibt:
„denn es ist doch klar, dass wirklich Wichtiges nur von denen erfunden wird,
die schwach sind,
die fast nicht da sind,
und deshalb waren es schon nicht mehr die Juden
die die nächste Botschaft über die Welt brachten –
darüber, dass die Welt ein Text ist,
eine Ansammlung von Zeichen, die temporäre Verbindungen eingehen,
und dass im Inneren des Menschen alle Identität
gleichsam in einem riesigen Textsalat zerfleddert ist,
und dass aus jedem von uns
absurde Stücke Text hervorstehen –
wie alberne Fäden,
wie verfaulte Ohren –
und was bleibt, ist ein armseliger Bluff“ (Kirill Medvedev, „3%*, in: Schreibheft 76 (2011), S. 142f.)

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