Marcus Steinweg: Notiz zur Kraft
Wie so oft, geht es Müller um die Kritik an einem Verständnis von Aufklärung, das in der Einschränkung möglicher Erfahrung resultiert. Erfahrung aber reicht über jegliches Wissen und Verstehen hinaus. Eine Erfahrung machen heißt, an die Inkonsistenz der etablierten Wissensdispositive zu rühren. Die Erfahrung kommt dem Einbruch von etwas Neuem gleich. Sie ist Ereignis in diesem Sinn. Indem sie das Ereignis (das Unerwartbare und Unmögliche) empfängt, ist sie selbst ereignishaft. Indem sie dem Neuen und Unbekannten Platz macht, nimmt sie dessen Züge an. Als blinde Kraft öffnet sie sich dem noch Begrifflosen, das man das Chaos nennen kann oder das Inkommensurable. Es handelt sich um kein Jenseits der Welt, sondern um eine Heterogenität, die dem Universum der homogenen Kommensurabilitäten als ihr implizites Außerhalb angehört. Zwei opponierende Register also: das Register des Verstehens und das Register der Erfahrung. Opposition, die zumindest strategischen Wert hat. Wie jede Abgrenzung hilft sie, einen Unterschied um den Preis einer gewissen Reduktion und Vereinfachung zu markieren. Eine Erfahrung findet statt, wenn das Subjekt nicht mehr versteht. In der Erfahrung rührt es an die Inkonsistenz seines Wissens und der Dispositive, die es organisieren. Wenn Wissen und Verstehen Logos-Operationen sind, Handlungen einer Vernunft, die Sinn herstellt, dann bedeutet eine Erfahrung zu machen, der Inkonsistenz des Logos oder des Logischen beizuwohnen. Jenes Logos, den Heidegger – der Bedeutung des griechischen Verbs legein folgend – als Versammlung interpretiert hat, die den disseminalen Exzess des Mannigfaltigen begrenzt.
Vollständiger Text erscheint unter: Notiz zur Kraft