Nils Röller: Interesse I

In einem knappen Satz fasst Lorenz Oken, der Naturforscher des 19. Jahrhunderts, Extreme zusammen. Er schreibt 1809 in seinem “Lehrbuch der Naturphilosophie”:

“Das Ewige ist das Nichts der Natur.” (§ 44)


Die Struktur des Satzes ähnelt Formulierungen der taoistischen Philosophie, die 2400 Jahre früher in China entwickelt wurde. Das chinesische “Buch der Lieder” spannt eine Verbindung zwischen Fülle und Fadheit, Einfachheit und Verzierung zum Beispiel so:

“Das Tao des Edlen ist fade, und doch wird man seiner nicht satt; es ist einfach und dennoch verziert; flach und doch nicht ohne Harmonie.”

Wie lässt sich die Ähnlichkeit zwischen einem deutschen Naturforscher, dem ersten Rektor der Zürcher Universität, und der taoistischen Lehre erklären? Diese Frage berührt das Interesse des “Journals für Kunst, Sex und Mathematik”, denn die Frage rührt an Beziehungen zwischen zeitlich und räumlich unterschiedenen Formen des Ausdrucks und des Wissens. Mathematik und Geschlechtlichkeit zudem sind Themen der taoistischen Philosophie, ebenso des “Lehrbuchs der Naturphilosophie”.

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