Nils Röller: Gering schätzen
„Man kann die Poesie nicht gering genug schätzen“, schreibt einer *, der für sein Leben gern dichtete.
Er hoffte nach überstandener Krankheit so zu dichten, wie noch keiner gedichtet hat. Die Krankheit überstand er nicht. Er starb früh und hinterlässt den Rat, die Poesie gering zu schätzen, unendlich gering zu schätzen. Das ist ein Rat, auch seine Tätigkeit gering zu schätzen, eine Tätigkeit, der er pflichtbewusst nachging. Er rät, gering zu schätzen, was man tut. Das verstehe ich als heute fruchtbare Devise, sich etwas zu widmen, aber diese Widmung gering zu schätzen. Was anderes bleibt uns nicht übrig, wenn wir beginnen, uns mit den Nachrichten dieser Welt zu beschäftigen und Konsequenezen als Dichter, Künstler, Philosophen zu ziehen versuchen.
*Novalis: Hymnen an die Nacht – Heinrich von Ofterdingen. Goldmann, S. 178