Schwarz-Weiss

“Ist Unentschiedenheit dem Herzen nah, so muss der Seele daraus Bitternis erwachsen. Verbindet sich – wie in den zwei Farben der Elster – unverzagter Mannesmut mit seinem Gegenteil, so ist alles rühmlich und schmachvoll zugleich. Wer schwankt, kann immer noch froh sein; denn Himmel und Hölle haben an ihm Anteil. Wer allerdings den inneren Halt völlig verliert, der ist ganz schwarzfarben und endet schliesslich in der Finsternis der Hölle. Wer dagegen innere Festigkeit bewahrt, der hält sich an die lichte Farbe des Himmels.

Dieses geflügelte Gleichnis erscheint den törichten Menschen allzu flink. Sie erfassen seinen Sinn nicht: es schlägt Haken vor ihnen wie ein aufgescheuchter Hase. Es ist wie der Spiegel und der Traum des Blinden, die ja nur ein flüchtiges, oberflächliches Bild geben, ohne greifbaren Gegenstand dahinter. Ihr trüber Schein ist unbeständig, und sie mach wirklich nur kurze Zeit Freude.“ Wolfram von Eschenbachs: Parzival, I,1: 1f. [in der deutschen Übersetzung von Wolfgang Spiewok Stuttgart 1996:S 7.]

Leave a Reply