scharfdumm
– liebes Leid
– süsse Bitterkeit
– grausame Güte
– Eile mit Weile.
Diese Zusammstellung von Gegensätzen ist eine Technik, um Widersprüchliches zu thematisieren. Finden wir heute dazu den Mut? Heidegger würde lästernd kommentieren, dass wir schnell nach einem Wertesystem suchen, um die Widersprüche als Grade einer Skala zu begreifen und rechnerisch zu verwalten*. Vorschnell polemisiert der Denker aus dem Schwarzwald gegen die Mathematik. Sie kann entgegen Heideggers Polemik als reines Mittel verstanden werden, das gestattet, Widersprüche zu entdecken. Das ist die Chance, die dieser Blog wahrzunehmen sich bemüht.
Widersprüche zu entdecken, zu benennen und zu ertragen, das ist eine dringliche ästhetische, ethische Herausforderung. Die Dichter des Mittelalters haben sich dieser Aufgabe gestellt und die Stilfigur des Oxymorons (grieichisch: scharfdumm) geprägt. Die Troubadours und Minnesänger beschwörten die Liebe und hielten zugleich das Brennen, Foltern und Morden, das in ihrer Gegenwart stattfindet, fest. Campbell, Schöpferische Mythologie, S. 233 weist auf parallele Stilfiguren im Buddismus hin:
– eine Sphäre, die keine Sphäre ist
– das torlose Tor
– endloser Augenblick
– volle Leere.
* Im jüngsten Libanonkonflikt war zu beobachten, das zunächst die Bomben und Toten gezählt wurden. Diese Zahlen bestimmten erst die Presseberichte. Mit dem Zustandekommen der Uno-Resolution 1701 wurden dann die Zahlen der zu entsendenen Soldaten für die Berichte relevant. Bemerkt wurde zum Beispiel, dass Berlusconi Berechnungen aus dem Ärmel schüttelte (NZZ 28.8.06), betont wurde später (30.8.06), dass der Grossteil der 2496 italienischen Soldaten des Uno-Truppe an Bord der Schiffe bleiben soll und nur 980 von ihnen an Land gehen werden.