Nils Röller: Jabès-Kompass

Die Verteilung von natürlichem Licht und Schatten folgt dem Rhythmus des Jahres. Sie wiederholt sich. Die massenhafte Verbreitung von künstlichen Lichtquellen ist eine Chance, Schatten und Licht unseres Rechtsbewusstseins neu zu entwerfen, etwa:

Gerechtigkeit muss immer wieder von neuem erfunden werden, gesucht und gefunden werden. Je mehr Menschen leben, desto häufiger, desto notwendiger ist die Suche nach Gerechtigkeit. Jeder Mensch bricht das Licht anders, absorbiert es anders und reflektiert es auf seine Weise. Natürliches Licht, künstliches Licht, ebenso das Licht der anderen. Künstliche Lichtquellen werfen Schatten.

Was wäre eine Gerechtigkeit aus künstlichen Quellen? Arithmetik und Geometrie galten lange als Künste. Descartes schlägt vor, sie als Wissenschaften von den Künsten zu unterscheiden. Dichtung war zu Descartes’ Zeit eine Kunst. Sie ist noch heute eine Kunst. Kann Dichtung als Quelle von Gerechtigkeit dienen? Sie kann zumindest die Wahrnehmung schärfen und an Unrecht erinnern.

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Kritische Ästhetik

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