Stock und Atom

Der Stock, mit dem Kraft von der Hand auf einen Gegenstand übertragen werden kann, ist ein zentrales Motiv in der physikalischen Theorie des Aristoteles. Seine Physik ist grundsätzlich an der Mechanik des Stossens und der nachvollziehbaren Kraftübertragung orientiert. (1) Das erörtert der Wissenschaftshistoriker Joseph Needham als wesentliche Differenz der antiken abendländischen Wissenschaft gegenüber der chinesischen. (2)

Die altchinesische Wissenschaft entwickelte sich unterschiedlich, indem sie sich mit dem Magnetismus und damit einem für menschliche Sinne unzugänglichen Phänomen beschäftigte. Sie favorisierte Vorstellungen des Kontinuums und damit von Feld und Welle. Im Unterschied dazu hantierte die entstehende abendländische Wissenschaft mit diskreten unteilbaren Elementen. Sie erdachte Atome, deren Bewegungen auch lange Zeit mechanischen mit Vorstellungen von Stoss und Druck konzipiert wurden. Der Artefakt, mit dem Aristoteles Nahwirkung erklärt, ist der Stock. Er wird von ihm als Mittel der Übertragung von Kraft gedacht. Der Kausalitätsgedanke entwickelt sich in diesem Kontext. Er ist ein Produkt der Schrift und der Phase der Linearität, die sich nach Flusser nun in der Krise befindet.

(1) Aristoteles, Physikvorlesung [Übersetzt von Hans Wagner], Darmstadt 1967, 256a 4.
(2)
Joseph Needham, Science and Civilisation in China Vol. IV (Physics and Physical Technology), Part 1, Cambridge 1962, p.236.

 

 

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