Canto VIII ?/07

Die Teilung steht. Sie stellt fest. Sie entscheidet, was links und was rechts ist. Links und Rechts, das sind zwei Welten, die sich auf einem schmalen Grat berühren: Rechts-Links, West-Ost, Nord-Süd, Reich-Arm, Gläubig-Ungläubig,Verlierer-Gewinner, diese Gegensätze berühren sich, berühren sie sich?

Die Welt ist geteilt. Barnett Newman hält es so fest. Er teilt eine Bildfläche in zwei gleiche Hälften, so als gebe es eine gerechte Aufteilung einer Fläche. Zugleich schafft er Ungleichgewichte. Die Farbe der einen Seite drängt sich hintergründig auf, scheint hinter der Farbe auf der anderen Seite auf und umgekehrt. Die Farben lassen eine solche strikte Trennung nicht zu, sie gewinnen wechselseitig im Kontrast. Barnett Newman legt es darauf an, dass sie sich unvorhersehbar vom Hintergrund in den Vordergrund spielen. Einmischen, aber nicht Durchmischen oder Aufmischen, so stelle ich mir auch ästhetische Strategien vor, die sich mit den bestehenden Ungerechtigkeiten nicht zufrieden geben. Gegen die Ungerechtigkeit unserer Wahrnehmungen und gegen unser beschränktes Vermögen zu empfinden, lässt sich Hilfe in einem ästhetischen Schatz finden.

Zugang gewinnt man zu ihm mit einer Spekulation über Teilung. Ist die Aufteilung der Welt in Gegensätze zwingend? (Gegensätze zwischen Ost und West, christlichen Regierungen und muslimischen, zwischen Sunniten und Schiiten). Ist das Denken in Gegensätzen urmenschlich oder ist es ein Produkt der Umstände, besonders des Monotheismus? Oder schlicht der Armut und der Verzweiflung?

Die moderne Physik (Lisa Randall), die sich anschickt, neue (verborgene) Dimensionen zu entdecken, kann hier Hinweise geben. Sie lehrt, dass ein Bombenanschlag, den NZZ Nr. 38 meldet, als ein Hinweis auf eine Dimension des menschlichen Miteinanders oder Gegeneinanders verstanden werden kann. Das ist ein Auftakt zu einer Wahrnehmungslehre, die selbst ein Schritt zu einer Handlungslehre ist. Entferntes wie die Meldung, dass ein Bombenanschlag im Südosten Irans am Mittwoch elf Personen das Leben gekostet hat, nehmen wir so nicht als etwas von uns Getrenntes wahr, sondern als Hinweis auf eine verborgene Dimension, die in unserer Welt wirkt und uns deshalb. Das ändert unsere Handlungen. Da gibt es mindestens zwei Strategien. Die Strategie der Abschottung: Wir erhöhen die Mauern um uns. Oder die Strategie der Öffnung: Wir werden durchlässig. Newman führt vor Augen, wie nah die Trennung von zwei Farben an der Durchdringung von zwei Farben liegt.

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