Abbildung und Zeichentransformatoren
Versteht man Institutionen wie Tageszeitungen oder Fernsehsehsender als Transformationsvorschriften und Zeichenumschlagplätze, dann lässt sich Verhältnis von Menschen, Zeichen und Institutionen mit dem mathematischen Begriff der Abbildung beschreiben. Die Philosophie der Mathematik und Naturwissenschaft von Hermann Weyl bietet dazu sprachkritische Unterstützung. Auf den vorherigen Satz angewendet, lässt sich mit Weyl argumentieren, dass der Zeichenumschlagplatz nicht als geographischer Ort verstanden werden kann, sondern als dynamisches Objekt.(Eine Abbildung ist nach Hermann Weyl immer dann definiert, wenn eine Regel aufgestellt wird, die jedem Punkt p einen Bildpunkt p` zuordnet.) Die Dynamik ist doppelgesichtig, denn nicht nur die umgeschlagenen Zeichen ändern sich, sondern auch der Umschlagplatz unterliegt dem Wandel. Er kann aktiv und passiv beschrieben werden. So wie ein Marktplatz Käufern und Verkäufern ein bestimmtes Verhalten auferlegt, so ist es auch möglich, dem Marktplatz zu verändern und ihm etwas aufzuerlegen. Das gilt auch für Zeichenumschlagplätze wie Zeitungen und Fernsehanstalten. Weyl schreibt: “Zwischen der wirklichen Welt und dem Gegebenen besteht eine Zuordnung, eine Abbildung im mathematischen Sinne; doch steht dabei auf der einen Seite die eine quantitativ bestimmte objektive Welt, auf der anderen Seite nicht alleine das tatsächlich und augenblicklich Gegebene, sondern die möglichen (ev. erinnerten oder auf bestimmte Willensintentionen hin erwarteten) Wahrnehmungen eines Ich, und es gehen dann in die Zuordnung außer dem einmaligen objektiven Bestand der Welt noch die möglichen objektiven Zustände dieses wahrnehmbaren Ich (Weltlinie des Leibes usw.) ein” (Philosophie, 154).
Er setzt dabei seinerseits eine Unterscheidung zwischen erstens den Zeichen, die die exakte Naturwissenschaft verwendet, dann zweitens der sichtbaren Welt und drittens einer unsichtbaren Struktur der Welt voraus.
Eine Kulturtheorie, die dieses Verständnis von Abbildung übernimmt, kann die Transformationsregeln untersuchen, die zwischen einzelnen Zeichenproduzenten und den Zeichen, die in Publikationen umgesetzt werden, wirksam sind.
Weiteres dazu: In: Röller, Nils: Ahabs Steuer, S. 103.